Massachusetts, 1907. Der Arzt Duncan MacDougall will das Gewicht der Seele bestimmen. Er lässt dazu die Betten Sterbender an Waagen hängen. Die festgestellten Gewichtsverluste unmittelbar nach dem Tod der Patienten variieren. Bei fünfzehn verendenden Hunden dagegen verzeichnet die Waage keine Veränderung.
Duncans Versuch erwuchs aus einer alten Tradition. Die Ägypter glaubten, dass das Herz der Toten vor dem Eintritt ins Totenreich gewogen würde. Wurde das Herz von den Totenrichtern gewogen und für zu leicht befunden, wurde es Ammut ("Fresserin der verurteilten Seelen") zum Frass vorgeworfen.
21 Gramm - darauf bemaß Duncan das Gewicht der Seele. Doch wogen alle Seelen der Patienten unterschiedlich viel; 21 war die bedeutungsvollere Zahl. Vielleicht hat die Seele kein festes Gewicht. Wie wirkt sich ihr Alter aus? Gleicht die Seele der Totgeburt derjenigen der Greisin? Verliert oder gewinnt die Seele im Verlauf eines Lebens Gewicht? Und was ist, wenn die Seele in mehr als einem Körper wohnte?
Vielleicht wiegt eine Seele so und so viel Gramm, die man tatsächlich messen könnte. Was wäre mit dieser Aussage gewonnen? Die Einsicht, dass sie um so viel weniger wiegt als das Leben? Weniger als Eigentumswohnungen, viele Jahre unter Schleifenden und Geschliffenen oder die flüchtigen Augenblicke von Unachtsamkeit? Auf einer solchen Waage werden auch zwei Seelen nicht bestehen können.
Wie so oft liegt der Fehler in der Grundannahme. Warum sollte die Seele materiell sein und ein Gewicht haben? Am Ende sind MacDougalls fünfzehn Hunde zu beneiden. Ihnen konnte er nichts abringen, ihre Seelen lassen sich nicht aufwiegen. - "'Tod oder Freiheit' soll auf unserem Grabstein stehen."
"Es gibt nur eine Maxime - das ist die, daß man sich mit dem Tode befreunden muß." (Jünger, Strahlungen)