"Es gibt nur eine Maxime - das ist die, daß man sich mit dem Tode befreunden muß." (Jünger, Strahlungen)

Samstag, 29. März 2008

Ihr Kinderlein, kommet!

S-Bahn, nachts. Lallen erfüllt die Leere des Abteils. Es kommt von einer jungen Frau, nicht älter als 20. Sie ist über einen Kinderwagen gebeugt, erbricht Wortklumpen über dem Bündel darin. Gelegentlich keift sie den Rüden an, der heftig an seiner Leine zieht. Das Kind quengelt, greift mit seinen Händchen nach dem roten Kopf der Mutter. Sie zieht eine offene Bierflasche hinter dem Wagen hervor. Kräftiger Zug. Dann reicht sie dem Kind die Flasche. „Mama hat dich lieb“, lallt sie, „Mami hat dich lieb“.

Eines von 1,4 Kindern pro Frau, das erste von vielen dieser da. Das Land braucht sie alle in seinen Fabriken, Büroräumen, Laboren, Hörsälen, Ämtern, Steuerregistern, Sozialversicherungen, Bevölkerungsstatistiken. Kinder sind seine Zukunft. In ihnen leben die Menschen fort. Die junge Frau dreht sich mit geschickter Gewohnheit eine Zigarette. An der nächsten Haltestelle steigt sie aus, das Kind weint. – Leb wohl, Glücklicher: Noch schlummert dein Bewusstsein.