"Es gibt nur eine Maxime - das ist die, daß man sich mit dem Tode befreunden muß." (Jünger, Strahlungen)

Sonntag, 18. März 2007

Metropolis (XI)

Abney Park Cemetery. War der erste „Gartenfriedhof“ Europas und wurde als solcher von den Viktorianern gefeiert. Unklar, ob man die zerstörerische Wirkung von Zeit und Natur damals einkalkulierte; vermutlich ging man von anhaltender Pflege aus. Auch darin haben sie sich überschätzt.

Dass Abney ein Park und kein Friedhof ist, hat unangenehme Folgen. Allerlei Gesindel treibt sich hier herum und hinterlässt neben Müll überall Spuren fehlenden Respekts. Von der verfallenen Kapelle geht strenger Uringestank aus; in Sichtweite stehen zwielichtige Gestalten herum und glotzen, gehen wohl ihrem kleinkriminellen Tagesgeschäft nach.

Auch dieser Friedhof hat einen unverwechselbaren Charakter, Steine und Stellen, die zum Innehalten zwingen. Dennoch geht mit der Wiederholung der Motive allmählich Ermüdung einher. Kohärenz im Totenkult bedeutet auch Vorhersehbarkeit. Bei den Formen und Motiven sind nur noch Schattierungen zu unterscheiden. Oder Werkstätten verschiedener Steinmetze.

Wiederholung bis zum Überdruß auch in Camden Town mit seinen berühmten Märkten. Was dort zunächst neu und originell anmutet, das stirbt an jedem weiteren Stand, der das Gleiche anbietet, einen langweiligen Tod. Die „Alternativen“, die hier Unsummen auf der Suche nach Retro-Trash ausgeben, unterscheidet nur das Maß an Selbstbetrug von dem wortwörtlichen Hauptstrom auf der Oxford und Regent Street. Ein Beispiel dafür, wie Subkulturen zu Konsumgruppen werden.

Tate Britain. Turner ist den Besuch wert, ansonsten das übliche Füllmaterial solcher Museen und viel Schrott in der Abteilung zeitgenössischer Kunst. Leider gilt da immer noch die Überzeugung, dass die Kunst das Handwerk nicht brauche und die Eingebung es schon richten werde. Ein langweilender Irrtum. Den anwesenden Kunstpudeln gefällt es gleichwohl.